Zärtlichkeit des Alltags

oder Selbstliebe für Anfänger. Nach einer repräsentativen Umfrage einer deutschen Frauenzeitschrift sind 92% aller befragten Frauen mit ihrem Körper unzufrieden. Mein heutiger Blog Beitrag soll dich inspirieren, deiner Seele und deinem Körper mit neuem Respekt zu begegnen und das Wunder in dir zu würdigen.  Denn wer sich selbst nicht liebt, kann nach Erich Fromm, auch den Nächsten nicht lieben. 

Zärtlichkeit – was löst das Wort bei dir aus? Bei mir ist es das Bild eines Babys, dessen Zartheit und und Hilflosigkeit geradezu nach Streicheleinheiten ruft. Und die Streichelnde ist genauso beglückt, wie das Kind. Oder die Intimität einer vertrauten Beziehung, das Prickeln, das ein Kuss, eine Berührung auslöst. Eher selten ist Zärtlichkeit etwas, was wir mit uns selbst in Verbindung bringen

Zärtlichkeit des Alltags – ein Weg zu dir

Corona hat die überbordende Bussi-Bussi-Kultur beendet. Das habe ich weitgehend als eine gute Entwicklung wahrgenommen. Die spontanen innerfamiliären Umarmungen hole ich mir so nach und nach wieder zurück. 

Die Zärtlichkeit, von der ich heute schreibe, geht mit einem achtsamen Umgang mit mir selbst von morgens bis abends einher. Es beginnt mit einem dankbaren Erwachen, mit dem Wahrnehmen und Berühren meines Körpers, die Freude am mich bewegen können in meiner Morgengymnastik und das Eintauchen in Gebet und Meditation. 

Es ist ein immer wieder Zurückkommen zu mir, im Laufe des Tages mit einem bewussten Atemzug und wenn es möglich ist, auch die Freude am jeweiligen Wetter. Wenn’s gar nicht passt, halte ich mich an Karl Valentin, der sagte: „Ich frei’ mich, wenn’s regnet, weil wenn i mi nit frei’, regnet’s a“. (auch). 

Geh aus mein Herz und suche Freud
in dieser lieben Sommerszeit
an deines Gottes Gaben.
Schau an der schönen Gärten Zier
und siehe wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

Paul Gerhard

Freude suchen – öffne die Augen

In einer meiner Ausbildungen musste ich eine Lustbringerliste anlegen, um es möglichst gar nicht zuzulassen, dass mein Geist und meine Stimmung sich in Sphären von Unzufriedenheit und Lustlosigkeit allzu lange aufhalten. 

Freude ist die Spur, die das Universum legt,
um den Eros Deiner Seele mit dem Eros
des großen Ganzen zu vereinen. 

Veit Lindau

Meine Liste hat Rubriken von „ganz schnell“, „draußen in den verschiedenen  Jahreszeiten“, meine Beziehungen, meine Hobbies und meine Träume. So steht z.B. singen, tanzen schreiben, stricken, Tees sammeln, an die Gail oder in den Wald gehen, dem Vogelgezwitscher zuhören, der Anruf eines Menschen, der sich darüber freut, auf dieser Liste. 

Bereits die morgendliche Dusche hat ein großartiges Zärtlichkeitspotential: mich genussvoll einzuseifen, im Besonderen das vermeintlich Unvollkommene zu streicheln und zu genießen, das Wasser auf der der Haut zu spüren, warm und kalt, dankbar zu sein für den unglaublichen Luxus und fallweise sogar noch zu singen. Das sorgfältige Eincremen genieße ich besonders. 

So ist es mir nach und nach gelungen, eine liebevolle Beziehung zu meinem Körper aufzubauen, mich in ihm wohlzufühlen und dankbar zu sein, für das verlässliche Gefährt, das mich seit 68 Jahren durchs Leben kutschiert. 

Mit Zärtlichkeit und Lebensfreude
nähern wir uns
dem Mysterium der Seele.

– Sissy Sonnleitner

Spüre die Kraft des Eros

und fürchte Dir nicht vor ihm.

„Wir sind von Beginn an sinnliche Wesen und unser gesamtes Leben kann eine zutiefst erotische Erfahrung sein – der Genuss unserer Lieblingsspeise, der warme Frühlingswind auf meiner Haut, der Duft einer Rose, nackte Knöchel im Gras, ein Kuss, ein Streicheln, ein lustvolles Gespräch, ein Projekt voll Leidenschaft, Tanz, Kunst, Arbeit, herzhaftes Lachen – all das erleben wir erotisch, wenn unser eigener, bewusster Eros auf verschiedenen Ebenen an das Universum andockt.“ So schreibt Veit Lindau in seinem neuen Buch „Genesis“.

Du glaubst, nur alleinlebende Frauen brauchen diese Form der Zärtlichkeit?

Wenn Frauen ganz in ihre Kraft kommen wollen, dürfen sie eines nicht fürchten: Das Alleinsein. 

Andrea Lindau definiert Eros in der Weite, die Prickeln in mir auslöst: „Wenn ich von Eros schreibe, meine ich übrigens nicht nur Deine körperliche Lust. Es gibt noch tausend andere Wege und Kanäle, wie Du sie feiern kannst. Du kannst lustvoll kühne Visionen empfangen, Häuser bauen, Debatten führen, kochen, lachen… Es ist nicht, was Du tust, die Frage ist, wie Du dabei bist. Werde zu einem attraktiven, nicht kontrollierbaren Zentrum der Lebensfreude.

Nutze die Zeit mit dir, das Geheimnis deiner wahren Schönheit zu ergründen. Stell Dich ehrlich und radikal allen Ängsten und Zweifeln, was deinen Körper betrifft. Hasse ihn, wenn du ihn hasst und erkenne dabei, dass dein Hass nicht ihm gilt, sondern deinem abgrundtiefen Schlaf. Du hast vergessen, wer du bist, du hast dich verkauft.

Wer bist du, was macht dich wirklich schön? Wie soll ein Mann dich erkennen, wenn du nicht weißt, wer du bist, wie soll ein Mann deine Schönheit sehen, wenn du selbst sie nicht fühlst?“ 

Man muss dem Körper Gutes tun,
damit die Seele Lust hat,
darin zu wohnen.

Das Zitat hat sich Winston Churchill wohl von der Hlg. Theresia von Avila geklaut, dabei ist sie eine um soviel glaubwürdigere Protagonistin dieses Zitats, wenn sie als nunmehr  Heilige von Lust und Körper spricht.  

Das Bild von unserer Seele, das die Sufis vertreten, spricht mich noch mehr an: Die Sufis lehren, dass der Körper in der Seele wohnt. Zu weit ist ist sie, als dass sie in Leibern Wohnstatt fände. 

Wir brauchen einen neuen, zeitgemäßen Zugang zum Mysterium Seele. Mit der Zärtlichkeit des Alltags, mit der Lebensfreude an den unzähligen Geschenken, die uns täglich begegnen, nähern wir uns diesem Mysterium. 

Weiter schreibt  Andrea Lindau:„Wir sind die Hüterinnen von Eros, der weiblichen Urkraft, die die Welt so dringend braucht. Mit ihm offenbart sich das Geheimnis wahrer Schönheit. Es ist essentiell, dass wir es lüften und in die Welt bringen. Viele Frauen haben vergessen, was wahre Schönheit ist. Wir blättern in Modejournalen, um sie zu finden. Wir erlauben einer Waage, über uns zu richten. Wir studieren unsicher die Blicke der Männer. Wir rüsten verzweifelt nach, wenn unser Körper altert. Wir haben uns schmerzhaft abhängig gemacht von einer Bestätigung im Außen. Doch wahre Schönheit leuchtet von innen.

Ein sexy Lippenstift macht uns nicht schön. Seine Aufgabe ist es, den Blick auf unsere wahre Schönheit zu lenken. Dies ist das Licht, das Du ausstrahlst, wenn Du vom Scheitel bis zur Zehe  von wahrem Leben durchdrungen bist. 

Das Geheimnis wahrer Schönheit ist Eros. Lade ihn ein. Lass Dich von ihm nehmen, führen, verführen. Eros ist überall, wenn wir uns für ihn öffnen. Lass Eros aufsteigen von innen, aus der Tiefe. Lebe Eros in allem, was du tust. Dein Hüftspeck oder Deine Lachfalten sind dann kein Makel mehr, sondern ein weiterer Ausdruck Deiner erotischen Vollkommenheit. 

Wir Frauen sind hier, um die Schönheit des Lebens zu fühlen und zu feiern. Wir sind die modernen Priesterinnen des Eros. Rufe seine Kraft in Dir wach. Atme, stöhne, lache, wüte, bis jede Zelle deines Körpers vor Leben vibriert. Und wenn der Eros in Dir jubiliert, kleide dich so, dass jeder sieht: Hier, in diesem Körper, feiert sich die Kraft des Lebens selbst.“

Mach Dich – was den Eros betrifft – nicht abhängig von Deinem Partner, von der Gesellschaft und auch nicht von Frauen, die noch in ihrem Konkurrenzdenken festsitzen. Sonst fängst Du an, zu betteln, kommst nicht in deine Kraft und bist für Deine Kinder und Enkelkinder kein Vorbild auf dem Weg zur Königin.

Befreien wir Eros aus seiner Schmalspurversion – die Zärtlichkeit im Alltag ist ein Weg dahin.

Ich wünsch Dir einen Sommer voll Lebensfreude und einen geschärften Blick für Eros, Sinnlichkeit und Zärtlichkeit. 

Herzlichst

Sissy

LINKS UND LITERATUR

Königin und Samurai – Andrea und Veit Lindau

Genesis – Veit Lindau

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2 Kommentare

  • Luise M. Sommer sagt:

    Liebe Sissy, danke für diesen so wertvollen, bereichernden Beitrag!
    Dein Spruch “Mit Zärtlichkeit und Lebensfreude
 nähern wir uns dem Mysterium der Seele” fasst für mich die Quintessenz zusammen, die auch in dieser Sufi-Weisheit ausgedrückt wird, die Du erwähnst.
    Deine Inspirationen füllen meine Schatzkammer namens “Sprüchesammlung” immer wieder mit neuen Schätzen. Danke Dir dafür! ✨🙏

    • Sissy Sonnleitner sagt:

      Liebe Luise!

      Danke für Deinen Kommentar! Die Seelenverwandtschaft ist nicht ganz überraschend!
      Danke, dass Du immer dranbleibst. Eine echte „Fan*in“.:-)))

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